Alles, was Sie über Prostatakrebs wissen müssen

Die Bedeutung der transrektalen Ultraschalluntersuchung

Keine Diagnose der Prostata wird ohne eine pathologische Untersuchung von Prostatabiopsien bestätigt. Im Laufe der Jahre hat sich die Art und Weise, wie Prostatabiopsien entnommen werden, dramatisch verändert, was einen großen Einfluss auf die diagnostische Genauigkeit hat. Das Aufkommen der transrektalen Ultraschalluntersuchung (TRUS) stellte die erste Revolution in diesem Bereich dar (Bild 22). Von einer Situation, in der die gesamte Prozedur verblindet durchgeführt wurde, wurde mit dem TRUS die Prostata sichtbar. Die 80er Jahre waren der Beginn der ultraschallgesteuerten oder TRUS-gesteuerten Biopsien mit der Verwendung einer transrektalen Sonde. Zur gleichen Zeit wurde im biologischen Bereich der PSA-Test verfügbar, der eine frühere Diagnose ermöglichte und das Management von Prostatakrebs unwiderruflich veränderte.

Bild 24 : Ein erster Meilenstein in der Prostata-Bildgebung (Liddell HT et al. J. Urol. 1986)

• Indikationsstellung

Prostatabiopsien sind bei jedem Mann mit einer Lebenserwartung von zehn Jahren oder mehr mit einer abnormalen digitalen rektalen Untersuchung (DRU) oder einem erhöhten PSA-Wert (normalerweise über 4 ng/ml) notwendig. Bei älteren Männern, wenn die Wahrscheinlichkeit einer fortgeschrittenen oder metastasierten Erkrankung hoch ist, kann eine Prostatabiopsie vor jeder palliativen Behandlung erforderlich sein.

• Die Technik

Außer in sehr seltenen Fällen ist eine Vollnarkose nicht notwendig und eine örtliche Betäubung ist weitgehend ausreichend. Es gibt unterschiedliche Protokolle für diesen Eingriff, der in der Mehrzahl der Fälle ambulant durchgeführt wird.

  • Ein Einlauf zur Reinigung des Enddarms

    Meist wird am Vortag oder am selben Tag vom Patienten ein Einlauf zur Reinigung des Enddarms durchgeführt, um die Qualität der transrektalen Ultraschallbilder im leeren Enddarm zu verbessern und bei transrektalen Biopsien die Konzentration von Bakterien und das Risiko einer Prostata-Infektion (akute Prostatitis) zu verringern (Bild 25).

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Bild 25 : Anwendung eines Einlaufs einige Stunden vor dem Eingriff (nach B. Batard)

  • Antibiotikaprophylaxe

    Die Antibiotikaprophylaxe ist ein kompliziertes Wort und bedeutet, dass im Gegensatz zur Antibiotikatherapie, bei der die Antibiotika zur Bekämpfung einer bereits aktiven Infektion eingenommen werden, die Antibiotika zur Vermeidung eines Infektionsschubes eingesetzt werden. Das Einführen einer Sonde in das Rektum und alle damit verbundenen Manöver setzen den Patienten nämlich einem hohen Risiko aus, eine akute Prostatitis zu bekommen, wenn der Eingriff nicht durch ein Antibiotikum abgedeckt wird. Je nach Land werden meist Antibiotika aus der Chinolon- oder Cephalosporin-Familie verwendet (Ofloxacin, Ciprofloxacin, Cefixim oder andere) (Bild 26).

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Bild 26 : Antibiotikaprophylaxe zur Verringerung des Risikos einer akuten Prostatitis – zur oralen Einnahme 1-2 Stunden vor oder intravenös kurz vor der Biopsie

  • Lokale Anästhesie

    TRUS-Prostatabiopsien sind eine invasive Untersuchung. Daher muss jede durch das Verfahren verursachte Unannehmlichkeit so weit wie möglich reduziert werden. Die Mittel, die zur Erreichung dieses Ziels eingesetzt werden, müssen jedoch im Hinblick auf Risiken und medizinische Kosten verhältnismäßig sein. Für einen ersten Satz von Biopsien sollte, außer in sehr seltenen Fällen, niemals eine Vollnarkose vorgeschlagen werden, es sei denn, der Patient besteht darauf, die Biopsien nicht in Lokalanästhesie durchführen zu lassen. Die übliche Regel ist die Verwendung eines Lokalanästhetikums (z. B. Xylocain) durch transrektale Injektion (Bild 27a) und/oder intrarektales Gel, bevor mit der Entnahme der Biopsien begonnen wird. Mit der Zunahme von transperinealen Biopsien kann die Lokalanästhesie auch über den Damm erfolgen (Bild 27b).

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Bild 27a : Transrektale Xylocain-Injektion in den Prostata-Seminalblasen-Winkel (nach B. Batard)

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Bild 27b : Transperineale Xylocain-Injektion unter die perineale Haut (nach B. Batard)

  • Untersuchungsposition

    Je nach Praxis Ihres Urologen liegen Sie als Mann auf dem Rücken in einer Art einer "gynäkologischen" Position, der sogenannten Steinschnittlage. Einige Urologen bevorzugen die Seitenlage mit angewinkelten Knien (Fötus Position) (Bild 28).

Bild 28 : seitliche Dekubituslage – nur für transrektale Biopsien

• Unterschiedliche Verfahren zur Probenahme

Schon bald nach Beginn der Durchführung von Biopsien mit dem TRUS wurde ein Standard-Mapping auf Basis von sechs Biopsien, drei in jedem Lappen, vorgeschlagen. Nachdem viele Studien gezeigt haben, dass bei dieser Probenahme ein gewisser Anteil an Krebs übersehen wurde, wurde das sogenannte Sextanten-Biopsieschema vorgeschlagen (Bild 29 und 30).

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Bild 29 : 12 Punkte Schema angewendet ohne zwischen Patienten zu unterscheiden

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Bild 30 : EAU erstes Satzschema

  • Standard- oder randomisierte Biopsien

    Die Sextantenbiopsie ist die Entnahme von 6 Kernbiopsien in jedem Lappen mit unterschiedlichen Schemata. Sie wird als Standard- oder randomisierte Biopsien (SB oder RB) bezeichnet. Bei jedem Patienten wird das gleiche Schema ohne Unterschied angewendet, es sei denn, es werden zusätzliche Biopsien an einem tastbaren Knoten durchgeführt. Alle Biopsien werden im Vertrauen auf den TRUS durchgeführt, der die kanzeröse Läsion in der Prostata nicht entdeckt. In gewisser Weise werden SB/RB blind durchgeführt, da der TRUS nicht erlaubt, die Krebsläsionen in der Prostata zu erkennen. In der Situation des in Bild 31 vorgeschlagenen Szenarios wurde die gefährliche anteriore Läsion (in rot im linken Lappen) übersehen, selbst wenn die Biopsien nach dem besten Stand der Technik der Standardbiopsien und genau nach dem empfohlenen Schema durchgeführt wurden. In der Folge wird der Patient durch den negativen Befund fälschlicherweise beruhigt und der Tumor schreitet weiter voran. Hier kommt die Revolution der multiparametrischen MRT (mpMRT) und der anschließenden gezielten Biopsien zum Zuge. Die Krebsentdeckungsrate von SB/RB liegt bei 20-30 %.

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Bild 31 : 3D-Prostata mit nicht erreichter anteriorer Läsion (in braun)

  • Gezielte Biopsien

    Das mpMRT ist der Meilenstein der letzten 2 Jahrzehnte in der Prostatakrebsdiagnostik, da es das Unsichtbare sichtbar macht. Dieser wissenschaftliche Durchbruch hat den Stand der Technik bei der Behandlung von Prostatakrebs verändert. Wo die Klinik und die Biologie versagt haben, steht die Radiologie kurz davor, die Hauptfalle der Prostatakrebsbehandlung zu überwinden: die Überbehandlung. Durch die Möglichkeit einer weitaus genaueren und gezielteren Erfassung der sichtbaren verdächtigen Prostata-Läsionen hat die mpMRT den Grad der Genauigkeit der Realität der Erkrankung in der Prostata und damit die Art und Weise, wie sie behandelt werden sollte, völlig verändert. Je besser man seinen Feind kennt, desto optimaler ist die Option, die Krankheit zu besiegen. Derzeit wird von den Fachgesellschaften empfohlen, zusätzlich zu den gezielten Biopsien (in der Regel 3 Kerne/Läsion) einen zusätzlichen Satz von randomisierten Biopsien durchzuführen. In der Tat haben Studien gezeigt, dass diese Kombination von Biopsien die Entdeckungsraten um 5 bis 7 % signifikanter Karzinome erhöht und in einigen Expertenzentren bis zu 85-90 % erreicht.

  • TRUS gezielte (Targeted) Biopsien

    Wie in der Bild (32) dargestellt, wird die Läsion mit Hilfe einer Software in der Prostata lokalisiert und dann in Echtzeit einfach mit einer Biopsiepistole anvisiert (Bild 33). Das TRTB-Verfahren wird unter den gleichen Bedingungen wie die SB durchgeführt, jedoch beträgt die Dauer des Verfahrens aufgrund der hochauflösenden Technologie etwa 30 Minuten.

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Bild 33 : Biopsiepistole mit geschliffener Nadel

Bild 32 : Hochauflösendes gezieltes Biopsieverfahren auf Basis eines MRT/US-Fusionssystems

  • TransPerineale gezielte (Targeted) Biopsien

    Die transperineale gezielte Biopsie (TPTB) ist die neueste medizinische Innovation auf diesem Gebiet. Sie basiert auf der gleichen Technologie wie die TRTB, jedoch mit einem anderen Ansatz, da der Biopsiekern transperineal entnommen wird. Die TPTB benötigt eine andere Lokalanästhesie, um Schmerzen während des Eingriffs zu vermeiden. Das Hauptargument dieses Ansatzes ist es, das Infektionsrisiko drastisch zu reduzieren. Die Nadel der Biopsiepistole wird nämlich nicht mehr in das Rektum eindringen und eine große Menge an Bakterien aus dem Rektum in die Prostata transportieren (Bild 34). Aus diesem Grund ist bei der TPTB nicht unbedingt eine Antibioprophylaxe erforderlich. Wenn das mpMRT keine prostatische Läsion zeigt und das PSA weiter ansteigt oder die DRU abnormal ist, besteht die Möglichkeit, transperineale Biopsien nach dem Ginsburg-Protokollschema durchzuführen, um die Prostataentnahme in diesen ungewöhnlichen Situationen bestmöglich zu standardisieren (Bild 35). Aufgrund der erhöhten Anzahl der entnommenen Biopsiekerne wird bei diesem letzten Protokoll der Eingriff in der Regel unter Vollnarkose in einem Operationssaal durchgeführt.

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Bild 34 : Transperineale gezielte Biopsien (nach B. Batard)

Bild 35 : Ginsburg-Protokollschema (Quelle : European Urology)