Vom Blindsein zum Sehen

Durch das Zusammentragen von jahrzehntelangem Wissen auf dem Gebiet des Prostatakrebses und auch durch den Schub an technologischen Entwicklungen wie multiparametrische MRT (mpMRT) und MRT/US-Fusionssysteme ist die fokale Therapie für den Prostatakrebs in diesem beginnenden 21. Jahrhundert das, was die radikalen Behandlungen vor einem Jahrhundert darstellten. Durch die immer schnellere technologische Entwicklung gerade im Bereich der Medizin bewegt sich der Stand der Technik sehr schnell. Die Genauigkeit der Diagnose von Prostatakrebs hat sich in nur einem Jahrzehnt dramatisch verändert. Infolgedessen muss das Management, das von einer unsichtbaren Krankheit ausgeht, komplett überdacht werden, da die mpMRT das Unsichtbare sichtbar und das Blinde sehend gemacht hat. Die ganze Relevanz der radikalen Behandlungen, sei es Chirurgie oder Bestrahlung, beruhte auf unserer Unfähigkeit, die Krankheit in einem frühen Stadium zu diagnostizieren und mehr noch, die Läsion(en) innerhalb der Prostata zu lokalisieren. Heutzutage erlaubt es die Technologie bei lokalisiertem Prostatakrebs mehr und mehr, genau zu sehen, wo die gefährliche(n) Läsion(en) ist/sind und sie mit einem hohen Maß an Sicherheit zu zerstören. Die Phototherapie des lokalisierten Prostatakrebses durch Tookad® hat den höchsten Grad an wissenschaftlicher Evidenz im medizinischen Bereich erbracht und der Photosensibilisator, der während des Verfahrens verwendet wird (Tookad®), hat es geschafft, die Zulassung der hochgradig anspruchsvollen EMA (Europäische Arzneimittel- Agentur) zu erhalten.

Der Proof of Concept

Die fokale Therapie basiert auf der Fähigkeit, die Läsion in der Prostata genau zu treffen. Prostatakrebs ist bekanntlich in 80% der Fälle multifokal, d.h. es liegen verschiedene Läsionen in der Prostata vor (Bild 51), die es zu finden gilt. Bei multifokalem Prostatakrebs haben verschiedene Studien das Vorhandensein einer Hauptläsion, der sogenannten Indexläsion, gezeigt.

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Bild 51 : multifokales Prostatakarzinom auf mpMRT/unifokales Prostatakarzinom auf mpMRT (mit freundlicher Genehmigung von Dr F. Tobolski – Integratome)

Das MRT-basierte Targeting-Konzept

Der Aufschwung der mpMRT im Bereich der Prostatakrebsdiagnose und -behandlung hat das Paradigma verändert. Das Unsichtbare sichtbar zu machen, erlaubt es den Ärzten, Prinzipien einer konservativen Behandlung mit weniger Nebenwirkungen als radikale Behandlungen einzuführen. Die Philosophie hinter der fokalen Therapie ist es, die “edlen” Strukturen, die für eine bestimmte Funktion wie Erektion, Ejakulation, Kontinenz und Miktion zuständig sind, so weit wie möglich zu erhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die innovativsten Technologien eingesetzt: Die Fähigkeit, die Läsionen zu visualisieren. Durch eine Fusionssoftware werden die mpMRT Bilder auf das Ultraschallgerät übertragen, wodurch gezielte Biopsien mit einer bisher unerreichten Genauigkeit durchgeführt werden können (Bild 32). Die Analyse dieser hochauflösenden Biopsie-Stanzen liefert sehr genaue Informationen über die Art des Krebse.

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Bild 32 : Hochauflösendes gezieltes Biopsieverfahren auf Basis eines MRT/US-Fusionssystems